Nach der IRK Forderung zur Ausweitung des Nichtraucherschutzgesetzes auf die E-Zigarette kritisiert der unabhängige Toxikologe und Pharmakologe Prof. Dr. Mayer die Kommission für Innenraumlufthygiene (IRK) scharf. Wir fassen die wichtigsten Punkte in einem Faktencheck zum Passiv-Dampf zusammen.
E-Zigaretten und Passiv-Dampf
Die IRK: “Freisetzungsprozesse wie bei der glimmenden Tabakzigarette über den Nebenstromrauch sind bei der elektronischen Zigarette zu vernachlässigen. Das Aerosol wird nur dann gebildet, wenn der Konsument die E-Zigarette durch Saugen oder Tastendruck aktiviert. Die Substanzen aus dem Liquid gelangen daher nur über das Exhalat (die ausgeatmete Luft) des Konsumenten in die Raumluft.”
Richtig ist: Es gibt keinen Dampf in der Raumluft, der nicht zuvor vom Dampfenden selbst ausgeatmet wurde, also kein “Exhalat” wäre. Darauf weist die IRK hier selbst hin. Dieser Umstand legt deutlich nahe, wie wenig die elektrische Zigarette mit der bei Nutzung stets rauchenden Tabakware gemeinsam hat. Erst im Januar 2017 stellte die irische „Health Information and Quality Authority“ (Hiqa), die an den irischen Gesundheitsminister sowie das Familienministerium berichtet, in einer umfassenden Untersuchung fest, dass der Nikotingehalt von ausgeatmetem Passivdampf achtmal geringer ist, als der von Tabakrauch Exhalat. Auch Frau Dr. Ute Mons, Leiterin der Stabsstelle für Krebsprävention des Deutschen Krebsforschungszentrums stellt in einem Artikel für das Deutsche Ärzteblatt fest, dass die passive Belastung geringer als durch Zigarettenrauch ist.
Dampf und die enthaltenen Partikel
Die IRK: “Aus dem in der Atemluft übersättigten Propylenglykol bilden sich feine und ultrafeine Flüssigkeitspartikel (Aerosole), deren Größenverteilung und Anzahlkonzentrationen denen des Tabakrauchs ähneln. Nach aktuellen Untersuchungsergebnissen des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit steigen beim Gebrauch von E-Zigaretten die Raumluftkonzentrationen von feinen (PM2,5) und ultrafeinen Partikeln (UFP) an. Die ultrafeinen Partikel dringen bis in die Alveolen der Lunge ein.”
Richtig ist: Bei E-Zigaretten Dampf handelt es sich wissenschaftlich betrachtet um Nebel. Die beschriebenen feinen und ultrafeinen Flüssigkeitspartikel haben die typischen Partikelgrößen der Flüssigkeitströpfchen von atmosphärischem Nebel und diese Flüssigkeitspartikel lösen sich anders als die festen Partikel in Tabakrauch bei Kontakt mit dem Gewebe schnell auf, wie Prof. Dr. Mayer in seinem Gutachten erklärt.
Raumluftqualität und E-Zigaretten
Die IRK: “Darüber hinaus lag nach zweistündigem E-Zigaretten-Gebrauch Propylenglykol in der Raumluft in einer Konzentration vor, die den vorläufigen Richtwert I (RW I) von 0,07 mg/m3 um etwa das Dreifache überschritt. Aus Gründen der Vorsorge sollte dies vermieden werden. In einem Raum mit intensivem E-Zigarettenkonsum kann die Belastung der Raumluft mit PM2,5 auf Werte ansteigen, wie sie in Gaststätten mit erlaubtem Zigarettenkonsum gemessen werden bzw. wurden.”
Richtig ist: Der Richtwert, der laut Umweltbundesamt ein Eingreifen erforderlich macht, liegt bei einer Raumluftbelastung von 0,7 mg/m3. Die Belastung der Raumluft liegt in der hierzu vom IRK zitierten Studie jedoch deutlich unterhalb dieses Wertes. Demnach hatten 59 bis 86 Personen in einem kleinen geschlossenen Raum ausgiebig gedampft – also ein typisches “Dampfer-Event” und ein Sonderfall. An solchen geschlossenen Veranstaltungen nehmen jedoch nur e-Dampfer teil – d.h. Nicht-Nutzer, die belastet werden könnten, sind i.d.R. in solchen Räumen nicht anwesend.
E-Zigaretten Nutzung in öffentlichen Räumen
Die IRK: “Klare Regelungen zur Verwendung von E-Zigaretten in öffentlich zugänglichen Innenräumen fehlen aber bislang.”
Richtig ist: Über die Verwendung von E-Zigaretten entscheidet klar das Hausrecht, also der, dem der “öffentlich zugängliche Innenraum” gehört.
Die Wirkung von Dampf auf die Gesundheit
Die IRK: “Obwohl sich die Partikel im E-Zigarettenaerosol in ihrer Beschaffenheit von denen aus der Umwelt und auch denen des Tabakrauchs unterscheiden, ist davon auszugehen, dass sie aufgrund ihrer chemischen Zusammensetzung und Morphologie die Gesundheit beeinträchtigen können.”
“Vernebeltes Propylenglykol löst bereits bei kurzfristiger Exposition Augen- und Atemwegsirritationen aus.”
Zu dem ersten Teil dieses Zitats stellt sich dem aufmerksamen Leser als erstes die Frage, warum? Wie die IRK ganz richtig äußert, unterscheiden sich die flüssigen Partikel im E-Zigarettendampf von Partikeln aus der Umwelt und vor allem von solchen im Tabakrauch. Auch das IRK liefert keine Begründung. Die Aussage selbst ist mit einem Zitat von Frau Dr. Pötschke-Langer, der ehemaligen Leiterin für Krebsprävention am DKFZ, belegt. Während diese selbst keine Nachweise für ihre Aussage genannt hat, wurde sie jedoch vor Aufgabe ihres Amtes, zum Beispiel in der Süddeutschen Zeitung öffentlich für ihre Verbindungen zur Nikotinersatzprodukte herstellenden Pharmaunternehmen kritisiert. Eine Passiv-Belastung durch die fluiden Partikel des Dampfes legt die IRK anhand von Arbeiten zu nicht fluiden Partikeln, dem Feinstaub und dem Tabakrauch, dar. Als weitere Belege werden Tierversuche und Untersuchungen zu Nebelmaschinen, die teils mit industriellem Propylenglycol betrieben werden, herangezogen. Diese weisen eine kurzzeitige Irritation der Augen und Atemwege nach. Für die nach Wieslander et al. (2001) zitierten leichten Irritationen durch Propylenglykol in der Raumluft liegt die entsprechende Konzentration um das 1.545-fache über dem Wert, der zum Beispiel nach O’Connell et al. (2015) bei der E-Zigarettennutzung von mehreren Personen in einem geschlossenen Raum mit nur 12,8m2 vorliegt.
Was Nebelmaschinen mit E-Zigaretten gemeinsam haben (sollen)
Die IRK: “Angestellte in der Unterhaltungsindustrie, die regelmäßig propylenglykolhaltigen Aerosolen wie Theaternebel ausgesetzt sind, leiden aber häufiger an Atemwegsreizungen und Einschränkungen der Lungenfunktion als nicht exponierte Personen.”
Richtig ist: Im Umgang mit E-Zigaretten gibt es ein weit verbreitetes Missverständnis. Nebelmaschinen verwenden – sofern es sich überhaupt um fluides Propylenglycol und nicht um Ölnebel handelt – eine sehr viel geringere Qualität des Stoffes. Zwar wurde auch diese auf europäischer Ebene erst vor kurzem erneut als unbedenklich eingestuft, aber wichtig ist doch zu unterscheiden, dass für E-Zigaretten Liquids wird pharmazeutisches Proplenglycol verwendet wird. Dieses wird zum Beispiel in zur Inhalation vorgesehenen Asthma-Sprays und medizinischen Mitteln zur Rauchentwöhnung wie “Nicorette Spray” der Firma Johnson & Johnson verwendet. Auch Sprays gegen Halsschmerzen wie z.B. “Neo-Angin” enthalten Propylenglycol.
E-Zigarette und Jugendschutz
Die IRK: “Unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen probieren jedoch auch viele bisherige Nichtraucher die E-Zigarette aus.”
Richtig ist: Auch für E-Zigaretten muss es einen wirksamen Jugendschutz geben. Zentral bei der Beobachtung jugendlicher E-Zigaretten Nutzer ist die Zahl der regelmäßigen Nutzer. Die Wissenschaftler vom Zentrum für Interdisziplinäre Suchtforschung des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf stellen in einer vom Bundesgesundheitsministerium unterstützten Studie fest, dass ca. 1,2 Prozent aller regelmäßigen E-Zigarettennutzer in Europa vormalige Nicht-Raucher sind. Dabei ist unter Jugendlichen der “Probierkonsum”, also die einmalige Nutzung zum Testen, deutlich häufiger. Der Suchtforscher Prof. Stöver von der University of Applied Sciences in Frankfurt erklärt in der Süddeutschen Zeitung: “Wir haben 2000 Jugendliche dazu befragt. Viele haben mit der E-Zigarette Erfahrungen gemacht, aber das war wohl eher ein Übergangsphänomen. Nur ganz wenige Jugendliche konsumieren täglich E-Produkte. Die Gateway-Hypothese bestätigte sich nicht, wir sehen also keine starke Gefahr, dass E-Zigaretten zu einem regelmäßigen Tabakkonsum führen.”. Zuletzt stellte das Münchner Institut für Therapieforschung (IFT) fest, dass das Durchschnittsalter für den Erstkonsum von E-Zigaretten bei über 30 Jahren liegt.
Die E-Zigarette als Tabakzigaretten-Attrappe
Die IRK “Die E-Zigarette imitiert in ihrer Handhabung und zumeist auch in ihrer Optik die Tabakzigarette.”
Ein für 2008 vollkommen zutreffender Satz. Mittlerweile haben wir 2017 und die E-Zigarette hat sich weit von der Tabakzigarette entfernt. Das Design der wiederbefüllbaren Geräte ist durch ihre Technik geprägt. Die Modelle mit Edelstahlgehäuse, häufig in Schwarz oder Silber, haben durch ihre funktionsbedingten Knöpfe und Regler äußerlich wenig mit der Tabakversion gemein. Dies stellte zuletzt auch das ZiS ihrer wissenschaftlichen Untersuchung fest und äußert E-Zigaretten der dritten Generation haben keine ”keine Zigaretten- oder Stiftform mehr” (ZiS, 2016, S. 6). Der Dampf der aus dem Gerät inhaliert wird, ist keine Imitation von Rauch sondern Teil existentielle Funktion einer E-Zigarette.
Die vollständige Stellungnahme der IRK ist unter https://www.springermedizin.de/stellungnahme-der-innenraumhygienekommission-irk-zu-elektronisch/11088792 veröffentlicht.