Wissenschaftliche Erkenntnisse zur Harm Reduction: Gateway-Theorie

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Am 19. September 2018 fand in Barcelona der wissenschaftliche Kongress „Tobacco Harm Reduction Summit Spain“ statt. 13 renommierte Wissenschaftler mit zum Teil langjähriger Forschungserfahrung zur E-Zigarette referierten über ihre Erkenntnisse im Feld der Schadensminimierung (Harm Reduction) durch E-Zigaretten im Vergleich zum Tabakkonsum. Die einzelnen Beiträge wurden kürzlich im Youtube-Kanal von THR Summit Spain veröffentlicht.

In drei Artikeln werden wir wichtige Ergebnisse des Kongresses zu den Themen Gateway-Theorie, Langzeitnutzung und Informationspolitik vorstellen. Aus Gründen der Transparenz werden wir die übersetzten Auszüge der Beiträge unkommentiert lassen. Die Beiträge sprechen für sich.

Teil 1: Gateway-Theorie

In unserem ersten Teil geht es um den Vortrag von Prof. Linda Bauld von der schottischen University of Stirling. Sie ist eine Co-Autorin der Harm Reduction-Reports von Public Health England (PHE) und Royal College of Physicians (RCP). In ihrer Präsentation mit dem Titel „Gateway in or out smoking? Young people and vulnerable groups“ gibt Linda Bauld einen Einblick in die Studienlage zum Thema E-Zigarettenkonsum bei Jugendlichen. Im Fokus steht die sog. Gateway-Theorie, also die Frage, ob jugendliche Nichtraucher durch E-Zigaretten zum Rauchen verleitet werden können.

Einleitung: „Wenn man Berichte über E-Zigaretten in den Zeitungen liest, dann findet man dort ein großes Unverständnis gegenüber diesen Produkten. Die größte Quelle des Unverständnisses ist die Tatsache, dass E-Zigaretten und andere nikotinhaltige Geräte immer beliebter werden und damit die Gefahr bestehe, dass eine neue Generation von Kindern durch Konsum von E-Zigaretten nikotinsüchtig und zum Rauchen verleitet werden könnten.“

Sehr geringe regelmäßige Nutzung bei jugendlichen Nichtrauchern

Zur Überprüfung der Gateway-Theorie führt Prof. Bauld wichtige Studien zum Thema „E-Zigarettenkonsum bei jugendlichen Nichtrauchern“ an. Sie zitiert eine eigene Studie aus 2017, in der fünf Untersuchungen in Großbritannien miteinander verglichen werden: „Zusammenfassend zeigen Umfragen in ganz Großbritannien ein konsistentes Muster: Die meisten Experimente mit E-Zigaretten geschehen nicht regelmäßig, und der Anteil der regelmäßigen Verwendung bei jungen Menschen, die noch nie geraucht haben, ist nach wie vor sehr niedrig.”

Auch die deutsche DEBRA-Studie von 2018 und eine angekündigte europäische Forschungsarbeit, die Daten aus sieben EU-Ländern analysiert, kommen für Linda Bauld zu einem vergleichbaren Ergebnis: Das Wichtigste ist: Verwenden Kinder diese Produkte regelmäßig? In Bezug auf sog. Niemals-Raucher sehen wir dieses Muster nicht.“

Die These, dass E-Zigarettennutzung bei Jugendlichen dazu führt, dass Tabakkonsum renormalisiert werde, sei aus diesem Grunde nicht zu beweisen: „Rauchen verliert immer mehr an Bedeutung. Nach 2010 mit dem Aufkommen der E-Zigarette haben Jugendliche eine noch stärkere Abneigung gegen das Rauchen entwickelt. E-Zigaretten haben Tabakrauchen nicht renormalisiert.“

Fazit

Linda Bauld fasst ihre Forschungsergebnisse zum Thema Gateway in drei Punkten zusammen:

  • Es gibt keinen Hinweis darauf, dass die zunehmende Verbreitung von E-Zigaretten zu vermehrten Experimenten mit dem Rauchen bei jungen Menschen geführt hat.
  • Es gibt vielmehr Hinweise darauf, dass Rauchen bei Jugendlichen durch das Aufkommen der E-Zigarette noch negativer wahrgenommen wird.
  • Es gibt in der politischen Debatte die Annahme, dass E-Zigaretten das Rauchen normalisieren könnten. Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass diese Einschätzung unbegründet ist.

Damit endet Teil 1 unserer wissenschaftlichen Reihe. Im zweiten Teil wird es um die Präsentation von Prof. Riccardo Pollosa zu Erkenntnissen über die zu erwartenden Folgen der Langzeitnutzung von E-Zigaretten gehen.