Hypothetische Risiken der E-Zigarette werden zu Gewissheiten stilisiert

Im neuen Alternativen Drogenbericht kritisieren die Autoren die Gleichstellung der E-Zigarette mit der Tabakzigarette und werfen dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) vor, „hypothetische Risiken der E-Zigarette zu Gewissheiten zu stilisieren“. Der Alternative Drogenbericht versteht sich als kritische Ergänzung zum alljährlichen Drogenbericht der Bundesregierung und wurde in diesem Jahr zum dritten Mal herausgegeben. Einer der Köpfe hinter dem Bericht ist der renommierte Suchtforscher Professor Heino Stöver vom Institut für Suchtforschung an der Frankfurt University of Applied Science, der unlängst betont hat, dass die E-Zigarette für das Tabakrauchen „neben anderen Rauchentwöhnungsstrategien eine Ausstiegshilfe“ sei.

Zwar spielt das Thema E-Zigarette nur eine untergeordnete Rolle im 280-Seiten-Bericht, doch in einem Kapitel geht der lobbykritische Journalist Dietmar Jazbinsek mit der Politik und den Gesundheitsorganisationen hart ins Gericht. Er kritisiert die Gleichstellung der E-Zigarette mit der Tabakzigarette und vor allem die Versuche des DKFZ, den „nachweisbaren

Nutzen der E-Zigarette für die Tabakentwöhnung“ in Zweifel zu ziehen sowie Ängste zu schüren. „Eine Schreckensvisionen des DKFZ heißt Gateway-Hypothese und besagt, dass die E-Zigarette zur ‚Einstiegsdroge‘ werden könnte, die Kinder und Jugendliche zum Rauchen von richtigen Zigaretten verführt.“ Obwohl es dafür keinerlei „belastbare Datenbasis“ gebe. Ein Gateway-Effekt sei bislang nicht nachweisbar.

Neubewertung der E-Zigarette gefordert

Jazbinsek sieht in der E-Zigarette eine „risikoärmere Alternative“ zu Tabak – und sieht deren Potenzial beim Schutz und bei der Schadensreduzierung. „Allen Aufklärungskampagnen zum Trotz rauchten 2014 immer noch 40 Prozent der jungen Erwachsenen.“ Die Zigarette werde daher auch in Zukunft mehr Todesopfer fordern als alle anderen Drogen, so Jazbinsek. „Das spricht für eine Neubewertung der E-Zigarette, die zu einer deutlichen Schadensminimierung beitragen könnte – insbesondere in sozial benachteiligten Bevölkerungsgruppe“, betont der Autor.

Der offizielle Drogenbericht der Bundesregierung, den die Drogenbeauftrage Marlene Mortler ebenfalls Anfang Juni vorgestellt hat, bestätigt, dass immer noch 25 Prozent der Menschen in Deutschland rauchen und mehr als 100.000 Menschen jährlich an den Folgen des Rauchens sterben. Die E-Zigarette wurde im Drogenbericht der Bundesregierung – anders als im Alternativen Drogenbericht – allerdings nicht explizit als Mittel zur Rauchentwöhnung empfohlen. Ganz im Gegenteil. Bei der Vorstellung des Drogenberichts verkündet Mortler: „Wir haben den Bereich E-Zigaretten und E-Shishas unter das Jugendschutzgesetz gestellt, weil wir gesehen haben, hier werden junge Menschen gezielt angefüttert für eine neue Form von Tabak.” Einen Beweis für diese Behauptung blieb auch sie schuldig. Das ist inzwischen eine schlechte Tradition bei den Gegnern der E-Zigarette – und bestätigt die Diagnose des Alternativen Drogenberichts: „Hypothetische Risiken werden zu Gewissheiten stilisiert“. Ohne Beweise, ohne Studien, ohne Belege.


Weitere Informationen:

Alternativer Drogenbericht:

http://alternativer-drogenbericht.de/wp-content/uploads/2016/06/ADSB2016_Bericht.pdf

Drogenbericht der Bundesregierung:

http://www.drogenbeauftragte.de/fileadmin/dateien-dba/Presse/Pressemitteilungen/Pressemitteilungen_2016/Drogenbericht_2016_web.pdf