Medizinischer Fachartikel bestätigt Potential der E-Zigarette
Die Fachzeitschrift “Der Internist” hat einen umfassenden Artikel zu den Chancen und Risiken von E-Zigaretten veröffentlicht. [1] Autor ist der Lungenfacharzt Dr. Thomas Hering, Mitglied im Vorstand des Landesverbandes der Pneumologen Berlin-Brandenburg und bis 2017 stellvertretender Vorsitzender (als Beauftragter für Tabakprävention und Tabakentwöhnung) im Bundesvorstand des Bundesverbandes der Pneumologen (BDP).
In dem Artikel geht es hauptsächlich um die Themen Schadensminimierung (Harm Reduction), Tabakentwöhnung, Passiv Vaping und die Gateway-Theorie.
Harm Reduction
Das Thema Schadensminimierung durch E-Zigaretten im Vergleich zu Tabakzigaretten steht im Fokus des Artikels. Dr. Hering zitiert eine Untersuchung von Public Health England [2]:
“Eine unabhängige Untersuchung kam zu dem Schluss, dass Vaping etwa 95 % weniger schädlich sei als Rauchen. Ann McNeill, die den Bericht verfasste, sagte: „E-Zigaretten könnten die öffentliche Gesundheit entscheidend beeinflussen“.
Es gäbe “substanzielle Hinweise darauf, dass die Exposition gegenüber toxischen E-Zigaretten-Substanzen (abgesehen von Nikotin) deutlich geringer ist.” So fänden sich in E-Zigaretten im Vergleich zur Tabakzigarette nur eine um Dimensionen geringere Zahl potenziell gefährdender Substanzen.
Beispiel Formaldehydemissionen: Hier würden höhere Emissionswerte nur durch unrealistische Anwendungs- bzw. Nutzungsbedingungen erreicht. “Unter Bedingungen einer zu hohen Erhitzung ergibt sich ein so unangenehmer Geschmack, dass sie für den realistischen Vergleich nicht heranzuziehen sind.”
“Das Risiko für Krebs liege nach Bewertung von McNeill et al. unter 0,5% des Risikos bei Konsum von Tabakzigaretten.”
Passiv Vaping und Gateway-Theorie
Wie sieht es mit der Gefährdung von Personen im Umfeld eines Dampfers aus? Gibt es eine ernstzunehmende Gefahr für Nichtraucher, über den E-Zigarettenkonsum zum Rauchen verleitet zu werden?
Die Einschätzung von Dr. Hering: “Die Bedeutung im Hinblick auf die Gateway-Hypothese und die Risiken des „Passiv Vaping“ seien unbedeutend.”
Das Wissen über den tatsächlichen Umfang der Gateway-Wirkung der E-Zigarette stütze sich auf schwache Daten, die auf “Selbstberichterstattungsmessungen ohne biochemische Überprüfung” basieren.
Der Autor stellt fest, dass der Anteil der jungen Menschen, die nie geraucht haben und mindestens wöchentlich E-Zigaretten verwenden, sehr niedrig ist (0,2 % der 11- bis 18-Jährigen im Jahr 2018).
Lungenerkrankungen und Todesfälle in den USA
Die öffentlich viel beachteten Erkrankungen und Todesfälle in den USA im letzten Jahr wurden über einen langen Zeitraum mit handelsüblichen E-Zigaretten in Verbindung gebracht. Erst nach vielen Monaten hat die US-Gesundheitsbehörde CDC die Warnung vor E-Zigaretten wieder zurückgenommen und die eigentliche Ursache (mit Drogen versetzte und verunreinigte Schwarzmarktprodukte) veröffentlicht.
Dies thematisiert auch der vorliegende Artikel: “Der Ausbruch von Lungenverletzungen in den USA ist auf Verunreinigungen in illegalen Marihuanapatronen zurückzuführen und hat nichts mit Nikotin-Vaping zu tun.”
Tabakentwöhnung
Welche Rolle spielt die E-Zigarette bei der Tabakentwöhnung? Hier sieht Dr. Hering eine Zunahme von Erkenntnissen, die “die Rolle der E-Zigarette bei der Tabakentwöhnung und bei der Risikoreduktion belegt sehen.”
“Insbesondere lieferte eine große Studie von Hajek et al. überzeugende Ergebnisse und eine Überlegenheit im Vergleich mit Nikotinersatzprodukten.” [3]
Resümee des Autors
Angesichts “der hohen Morbiditäts- und Mortalitätslast durch das konventionelle Rauchen (Tabakzigarette) verspricht der Einsatz der E-Zigarette eine markante Herabsetzung der Gesundheitsfolgen.” Die E-Zigarette besitze eine “beträchtlich höhere Attraktivität für die Konsumenten als evidenzbasierte Entwöhnungsmaßnahmen (Verhaltenstherapie und medikamentöse Begleitung).”
Der Lungenfacharzt kommt zu dem Schluss, dass es “zunehmend begründete Belege für eine klare Überlegenheit der E-Zigarette gegenüber der Tabakzigarette in Bezug auf die Hauptrisiken Herzinfarkt, COPD/Emphysem und Lungenkrebs” gäbe. Dies gelte auch für die Tabakentwöhnung. Hier “zeichnen sich Vorteile gegenüber dem Einsatz von Nikotinersatzprodukten (Kombination mit Verhaltenstherapie) ab.”
Quellen
[1] Hering, T. E-Zigaretten – toxikologisches Fiasko oder besser als kein Rauchstopp?. Internist (2020). Link
[2] E-cigarettes around 95% less harmful than tobacco estimates landmark review. Public Health England, 2015. Link
[3] Hajek P et al (2019) A randomized trial of e-cigarettes versus nicotine-replacement therapy. NEngl JMed380(7):629–637. Link