Pharmakologe sieht in der Debatte einen „gesundheitspolitischen Skandal“
„Da läuft eine militante Antirauch- und Antidampfkampagne“, sagte Bernd Mayer, Pharmakologe von der Universität Graz. Es gebe beim E-Dampfen keine Emission schädlicher Stoffe in signifikanter Menge, die die Umgebung schädigen könnte. Bei einem Streitgespräch des in Wien erscheinenden Wirtschaftsblatts über das Thema E-Zigarette und neue die Tabakgesetzgebung, sprach sich der Pharmakologie-Professor und Toxikologe unlängst dafür aus, die E-Zigarette als Genussmittel zu deklarieren. Er widerlegte den geäußerten Vorwurf, beim Dampfen würden Formaldehyd und Propylenglykol in gefährlicher Dosis ausgestoßen. „Formaldehyd atmen wir alle hier in diesem Raum aus“, so Mayer. Man müsse sich immer die Mengen anschauen, um die es gehe. „Das Einzige, was schädlich ist an Zigaretten, der Rauch, fehlt bei E-Zigaretten“. Für ihn entwickle sich die Debatte immer mehr zu einem „ideologischer Streit“, bei dem Abstinenz als Allheilmittel gepredigt werde. „Das ist ähnlich wie der Standpunkt des Vatikans, dass man keine Kondome verbreiten soll.“
Um diesen „gesundheitspolitischen Skandal“ abzuwenden, müsse das österreichische Gesundheitsministerium Geld in „den Support von Händlern investieren, damit gute Geräte mit gutem Inhalt weiter verbreitet werden.“ Zudem forderte Mayer für das neue Tabakgesetz des Alpenlandes eine „Eins-zu-Eins-Umsetzung der EUTPD2 (EU-Tobacco Directive) analog zur ersten Regulierungswelle in Deutschland“. Einen engen Bezug zu Deutschland gibt es ohnehin. Der Grazer Pharmakologe wird demnächst im Deutschen Bundestag im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft als Experte gehört. Dort könnte dann unter anderem auch zur Sprache kommen, dass das österreichische Verfassungsgericht im August 2015 festgestellt hat, dass Tabak- und E-Zigaretten nicht gleich sind und deswegen der juristische Grundsatz „Gleiches darf nicht ungleich, Ungleiches nicht gleich behandelt werden“ greife. Hintergrund war, dass die österreichische Bundesregierung den Vertrieb mit E-Zigaretten einschränken wollte. Die Argumentation der E-Zigaretten-Gegner basierte im Übrigen auf den Erkenntnissen des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) – Professor Mayer konnte deren Argumente allerdings eindrucksvoll widerlegen.