Anhörung im Bundestag / DKFZ räumt „dünne Studienlage“ ein / Pharmakologe Prof. Dr. Mayer sieht „Verbot durch die Hintertür“.
Wenig erfreulich verlief die Anhörung heute im Bundestag vor dem Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft zum Thema E-Zigarette. Dr. Martina Pötschke-Langer vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg ist bekannt als Gegnerin der E-Zigarette, viele Kritiker berufen sich auf die Meinung der Medizinerin. Doch vor dem Ausschuss, der im Hinblick auf die geplante Umsetzung der EU-Tabakproduktrichtlinie (EUTPD2) auf nationales Recht tagte, musste die Expertin erneut einräumen, dass es zum Thema E-Zigarette bisher nur eine sehr „dünne wissenschaftliche Studienlage“ gebe. Nicht nur was die Gesundheitsgefährdung betreffe, sondern auch was den vermeintlichen „Gateway-Effekt“ angehe. Also, dass Nutzer über die E-Zigarette an Tabak-Produkte und andere Suchtmittel herangeführt würden.
Dabei liegen durchaus stabile wissenschaftliche Ergebnisse vor – die eben keinen Gateway-Effekt erkennen. Das Zentrum für interdisziplinäre Suchtforschung der Universität Hamburg hat das Konsumverhalten und die Motivation bei E-Zigaretten-Nutzern untersucht. Demnach sind 91 Prozent der Konsumenten ehemalige Tabakraucher, lediglich ein Prozent Neueinsteiger. Von den 3.320 Befragten der Studie waren übrigens nur vier Teilnehmer jünger als 18 Jahre. Offenbar muss man sich von der Vorstellung verabschieden, die E-Zigarette begünstige „Sucht-Karrieren“.
Obwohl Pötschke-Langer nicht nur in diesem Punkt einen eindeutigen Nachweis schuldig blieb, schienen ihr ein Großteil der Ausschussmitglieder zu folgen.
Aromastoffe sind charakteristisch für das Produkt
Im weiteren Verlauf der Anhörung sprach sich der Pharmakologe Prof. Dr. Bernhard-Michael Mayer von der Universität Graz ganz klar gegen ein Verbot von Aromastoffe in E-Zigaretten aus. Die Aromen würden gerade Jugendliche zu Konsum der E-Zigarette verleiten, so das Hauptargument der Kritiker. Doch die Aromen seien „charakteristisch für das Produkt“, entgegnete Mayer: „Ein Verbot der Aromastoffe komme einem Verbot der E-Zigarette durch die Hintertür gleich.“ Außerdem würden sich die Nutzer dann ganz einfach über das Internet die entsprechenden Produkte aus China bestellen, und die seien weder sicher noch qualitativ hochwertig – im Gegensatz zu den Produkten der heimischen Branche. Auch in diesem Punkt musste Pötschke-Langer zugeben, dass gerade die zweite Generation der hierzulande im Fachhandel verkauften Verdampfer und E-Zigaretten technologisch wesentlich ausgereifter, sicher und qualitativ hochwertig seien. Auch das spricht für die sehr innovative und mittelständisch-geprägte E-Zigaretten-Branche in Deutschland.
E-Zigaretten sind 95 Prozent weniger schädlich als Tabakzigaretten
Gegen die angeblich enthaltenen Giftstoffe in der E-Zigarette fand wiederum Professor Mayer deutliche Worte: „Es sind nicht mehr Giftstoffe im Dampf einer E-Zigarette als in einem Theater-Nebel.“ Beim Dampfen würden keineswegs Formaldehyd und Propylenglykol in gefährlicher Dosis ausgestoßen. „Formaldehyd atmen wir alle hier in diesem Raum aus“, so Mayer. Man müsse sich immer die Mengen anschauen, um die es gehe. „Das Einzige, was schädlich ist an Zigaretten, der Rauch, fehlt bei E-Zigaretten.“ Er verwies auf den im vergangenen August veröffentlichten Berichts der Agentur Public Health England (PHE) des britischen Gesundheitsministeriums, demzufolge E-Zigaretten 95 Prozent weniger schädlich sind als Tabakzigaretten. Mayer bescheinigt den E-Zigaretten zudem „ein historisch einzigartiges Potential zur Tabakprävention“. Erstmals ständen Rauchern „eine funktionierende Alternative für den Ausstieg aus dem Tabakkonsum zur Verfügung“. Doch diesem Ansatz wollten die Ausschussmitglieder an diesem Mittwoch nicht folgen.
„Wir sind etwas enttäuscht über den Verlauf der Anhörung“, sagte Dustin Dahlmann, Vorsitzender des Bündnis für Tabakfreien Genuss (BfTG). „Obwohl das DKFZ erneut keinen stichhaltigen Nachweis der Schädlichkeit der E-Zigarette und auch keinen Nachweis für einen Gateway-Effekt vorlegen konnte, scheint sich diese Sichtweise bei den Abgeordneten zu verfestigen. Und leider sind wir auch noch nicht zu dem Punkt gekommen, der uns Unternehmern die im Gesetzentwurf beschriebene Umsetzung schwer bis unmöglich macht: die fehlende Präzisierung.“
Völlig unklar sei bisher, so Dahlmann, wie E-Zigaretten Produkte (Hardware und Liquids) angemeldet werden, welche Behörde überhaupt zuständig ist, was auf dem Beipackzettel soll und welche Inhaltstoffe verboten sind und warum. „Für Liquid-Hersteller wird es beispielsweise schwierig, bis zum 20. Mai ein gesetzeskonformes Produkt auf den Markt zu bringen“, sagt Dahlmann, „die Entwicklungszeit beläuft sich auf rund sechs Monate und wenn nun einzelne Substanzen verboten werden, müssen eventuell Liquids in großen Mengen vernichtet werden.“ Das BfTG fordert daher von der Politik, eine konkrete und präzise Ausgestaltung des Gesetzesentwurfs. Dahlmann: „Wir brauchen bei diesen für uns entscheidenden Punkten endlich Planungssicherheit.“